Hören & Zuhören

Der Blog von zuhoeren dreht sich um alles, was mit Hören zu tun hat. Musik, Geräusche, Meinungen, Töne, Positionen ... Nur selten um Werbung und Marketing. Die andere Seite von zuhoeren und ganz im Sinne von Immanuel Kant:

„Nichtsehen trennt den Menschen von den Dingen,
Nichthören trennt den Menschen vom Menschen.“



Sonntag, 16. Dezember 2012

Acht Tage, acht Empfehlungen

Noch acht Tage, dann ist es wieder so weit: Weihnachten. Und was schenken Sie? Die neueste Smartphone-Generation, das iPad mini oder eine kleine Weltreise? Hier ein paar Anmerkungen:

Tempest, Bob Dylan - ein weiteres Alterswerk des Altmeisters. Die nette Aufmachung in der Premium-Version mit kleinem Booklet ist schon ein Geschenkt wert. Und die Musik? Sie wurde ungewohnt überschwänglich und hoch gelobt, hat mich aber nicht ganz überzeugt. Vielleicht verlange ich zu viel vom Senior? Aber im Vergleich zu "Tell Tale Signs", die "rare and unreleased tapes", ist es etwas farblos, weniger abwechslungsreich. Dennoch: Für Bob Dylan-Fans ein Muss und für andere, die Bob Dylan "bluesig und gesanglich auf der Höhe" kennenlernen wollen, eine Bereicherung.

Tohu Bohu, Rone - melodischer Techno, Ambientmusik oder "tanzbare Meditationsmusik". Das zweite Werk von Erwan Castex und das erste, welches der Franzose in Berlin aufgenommen hat. Klangexperimente, Stimmungen einer Stadt, eingefangen in dichten Klangcollagen. Keine Musik zum "nebenbei" hören, vielmehr zum reinhören und mit auf die Reise gehen. Dazu lädt Tohu Bohu ein.

Instanbul Symphony, Fazil Say - klassische Musik, Impressionen aus Istanbul, dieser Stadt am Bosporus. Fazil Say, Pianist, schafft es Klangbilder zu erzeugen, die faszinieren. Okzident trifft Orient (gerne auch umgekehrt). Schon der Anfang begeistert - das Meeresrauschen, die Wellen kommen langsam näher, nehmen einen gefangen und mit, entführen in die Stadt und die Straßen, in den Basar mit seinen tausend Gerüchen, Geräuschen und Gesprächen.

Life is People, Bill Fay - ein Singer-Song-Writer, der im Alter seinen Durchbruch schafft (und sein kleines Label vor große Aufgaben stellt). Nicht die Gitarre bestimmt den Klang, sondern das Klavier und seine Stimme. Seine Lieder aus dem Leben sind kraftvoll, leicht melancholisch, passen in die Vorweihnachtszeit und zu den dunkleren Abenden. Für Jeff Tweedy "one of english music´s best kept secrets. Bill Fay returns with a masterpiece." Dem kann ich mich nur anschließen.

Django Deluxe, Wilhelmsburg - Gipsy (Sinti) Jazz, schon der Titel ist ein Bekenntnis. Die "Weiss-Brüder" und Kohe Reinhardt machen ihrer Herkunft alle Ehre. Spielfreude, Tradition und Moderne. Es macht einfach Spaß zuzuhören und mit zu wippen, Stimmung kommt auf - das beste Rezept gegen "Weihnachtstrübsinnigkeiten".

Solo Piano II, Chilly Gonzales - okay, eine echte Entdeckung (obwohl schon seine Solo Piano bahnbrechend waren). Auch hier herrscht Spielfreude vor. Lebendig, kraftvoll, sanft und einfühlsam, je nachdem. 14 Miniaturen des Kanadiers zeigen, was er unter Musik versteht. Anspruchsvolle und in bestem Sinne unterhaltsame Stücke, die anregen und zum Hinhören verführen. Eine wunderbare Unterbrechung im Weihnachtsallerlei.

Till Brönner, Till Brönner - er ist zurück. Vom Mainstream zum Jazz. Natürlich ist er immer noch massenkompatibel (was ja nicht verwerflich ist), aber er hat das zu sehr poppige abgelegt und besinnt sich zurück auf das Spiel, den Jazz, sein Instrument. Und das tut gut. Ganz instrumental holt er die besten Momente des Jazz der späten 60er-, frühen 70er-Jahre in die Gegenwart. Das macht Spaß und schaut gut aus - wie beim Konzert im Hirsch.Till Brönner gibt auch auf der Bühne einfach eine gute Figur ab, egal was Castingsshows aus einem machen. Er ist ein echtes Aushängeschild für den deutschen Jazz. Danke.

Am Schluss noch ein kleines Buch - eigentlich ein Weihnachtsbuch, für jeden Tag ab 1. Dezember eine Geschichte, kann man aber auch auf einen Rutsch lesen: Daniel Glatthauer, Der Weihnachtshund. Wie heißt es auf der Rückseite des Buches: eine feine und amüsante Liebes-, Weihnachts- und Hundegeschichte. Das stimmt - und Stil und Charme des Wieners tun ihr Übrigens der Geschichte um Kurt, einem Deutsch-Drahthaar, den nötigen Biss zu geben. Lachen ist garantiert.