Hören & Zuhören

Der Blog von zuhoeren dreht sich um alles, was mit Hören zu tun hat. Musik, Geräusche, Meinungen, Töne, Positionen ... Nur selten um Werbung und Marketing. Die andere Seite von zuhoeren und ganz im Sinne von Immanuel Kant:

„Nichtsehen trennt den Menschen von den Dingen,
Nichthören trennt den Menschen vom Menschen.“



Samstag, 6. August 2011

Musik für einen Sommer, der nicht so recht weiß, wer er ist oder was er sein soll.

Gestern waren wir wieder im Plattenladen unseres Vertrauens - bongartz in der Hauptstraße von Erlangen. Eine ganz andere Welt und entspannende Pause zwischen all den Marketingkonzepten und Textideen. Hier kann man (frau) einfach abschalten, stöbern, fragen, sich Anregungen holen. Das beginnt übrigens schon im Schaufenster, welches noch ein solches ist. Hier stehen die CD-Cover liebevoll aufgereiht im Regal mit kurzen Bewertungen, kleine Reisen in die Innenwelten der Musik. Natürlich findet man - für Puristen - auch Vinyl"scheiben", Musikbücher und vieles mehr. Hier zeigt sich, dass Konzentration auf ein Gebiet ein Mehr an Qualität für Kunden bedeutet.

Gilt übrigens auch für das kleine Geschäft "Schönes aus Papier" in der Wasserturmstraße. Ein wunderbarer Ort für alle, die Papier, Notizbücher und Stifte, Karten und kreative Geschenke lieben. Eine weitere Überraschung in unserer "Altstadt". Doch zurück zum Sommer und zur Musik.

Dactah Chando ist der richtige Begleiter für sonnige Tage (oder solche, die es eigentlich sein sollten). Clara heißt seine sehr ansprechende Debut-CD und vereint Reggae, Salsa, Dancehall - eine pulsierende Tanzmischung mit viel Bass. Er selbst bezeichnet es als "Canary Island Reggae". Der Mann kommt aus Berlin und hat seine Wurzeln in Teneriffa. Die Sprache ist weich, passt sich wunderbar den Rhythmen an. Er stand schon mit Seed und Frank Dellé (alias Eased) auf der Bühne. 21 Tracks sind auf der CD - ein wirklich langes Vergnügen.

Mexiko ist in der Musikszene hier eher folkloristisch besetzt. Ganz anders kommen Vinicius Cantuária und Bill Frisell "daher". Lágrima Mexicanas heißt deren gemeinsame CD. Beide sind kein unbeschriebenes Blatt. Der brasilianische Gitarrist Cantuária gilt als Erneuerer des Bossa Nova und ist im brasilianischen Jazz zu Hause, spielte aber auch in seiner eigenen Rockband und ist Pionier der neobrasilianischen Musikszene. Mitte der 90er zog er nach New York und traf dort u.a. auf Bill Frisell. Gleicher Jahrgang wie Cantuária (1951) und ein ebenso virtuoser Gitarrist. In den 80er- und 90er-Jahren war er neben Pat Metheny und John Scofield einer der bekanntesten US-amerikanischen Gitarristen. Auch er ist in fast allen Musikgenres unterwegs. Nun also trafen sich die beiden und nahmen - man höre und staune - kein virtuoses Gitarrenduo auf, sondern wunderbare Lieder, Geschichten von Träumen und Sehnsüchten,  kleine Alltagsbegebenheiten, feinfühlig und entspannt umgesetzt. Hier ein Hörbeispiel. Und man sieht - der Titel der CD führt in die Irre, was aber nichts ausmacht.

Sein Vater ist ein alter Bekannter: Ali Farka Touré. Der im März 2006 verstorbene "König des Wüstenblues" galt als einer der renommiertesten Musiker Afrikas. Sein Sohn Vieux Farka Touré tritt in große Fußstapfen - und macht es gut. "The Secret", sein drittes Studioalbum, ist unterhaltsam. Africa meets New World. Natürlich spielt die Gitarre eine Hauptrolle. Der hessische Rundfunk schreibt auf seiner Website:
Seine Texte sind kritisch und selbstreflektierend, seine Kompositionen reif und durchdacht. Inspiriert wurde er von Gästen wie dem südafrikanischen Sänger und Songschreiber Dave Matthews oder dem amerikanischen Jazz-Gitarristen John Scofield. Ein spannendes Album, auf dem Vieux Farka Touré tief in seine persönliche Geschichte und die Kultur Malis vordringt, auf dem aber ebenso die traditionellen Sounds und Rhythmen Afrikas verschmelzen mit dem Pop der westlichen Welt.
P.S. Hörenswert ist auch die neue "Scheibe" von Joss Stone: LP 1, produziert von keinem Geringeren als Dave Stewart. Soul & Rock gepaart mit der immer noch unglaublichen Stimme der inzwischen 24-jährigen machen die Platte zu einem Vergnügen. Rauh, mit Emotion, voll von Freiheit. Kein leicht-beschwingter Sommerspaß, aber unbeschwert und direkt allemal. Für den "Focus" die Platte der Woche. Und wer erinnert sich nicht noch an die erste CD von Joss Stone, damals 17 Jahre alt. Soul Sessions. Das Album blieb 36 Wochen in den Charts, kletterte bis auf Platz 7 und war 5 Wochen in den Top-Ten.