Hören & Zuhören

Der Blog von zuhoeren dreht sich um alles, was mit Hören zu tun hat. Musik, Geräusche, Meinungen, Töne, Positionen ... Nur selten um Werbung und Marketing. Die andere Seite von zuhoeren und ganz im Sinne von Immanuel Kant:

„Nichtsehen trennt den Menschen von den Dingen,
Nichthören trennt den Menschen vom Menschen.“



Samstag, 29. November 2014

Wenn das Original unerreicht bleibt.



Tribute to-Alben und Remakes sind in Mode gekommen. Manchmal glückt ja das Update zu einem Besseren, oft aber bleibt das Original unerreicht - außer für solche, die das Original gar nicht kennen oder sich nur über das Remake annähern. Beispiele sind Tribute-to-Alben etwa mit Dylan-Stücken oder - jetzt gerade aktuell - mit Nina Simone-Songs. Die große Jazzsängerin fasziniert noch immer und hat nun Stars wie Gregory Porter, Hindi Zhara, Melody Gardot und Sophie Hunger auf einer CD versammelt. Sie alle geben sich Mühe, versuchen die Lieder neu zu interpretieren, manche mit stimmlicher Präsenz, manche eher mit vertrackten musikalischen Kompositionen. Insgesamt glückt das aber kaum. Geht man am Anfang noch wohlwollend auf die Interpretationen ein, findet hier den einen oder anderen wunderbaren Einfall, hört das bei Olivia Ruiz auf. Und mit Melody Gardot und Sophie Hunger, beides exzellente Sängerinnen, wird die CD "Round Nina - A Tribute to Nina Simone" zum Ärgernis. Ich gebe zu, es ist schwierig Nina Simone zu toppen. Ihre Lieder sind einfach eine Klasse für sich, in ihrem Ausdruck und in ihrer Interpretation. Insofern ist dieses Album vielleicht ein guter Marketingtrick vor Weihnachten, mehr aber auch nicht. Man könnte es sich sparen oder wie sagt manch´einer: Das braucht kein Mensch.

Gleiches gilt übrigens auch für das neue Album von Annie Lennox Nostalgia. Mit einem Rückgriff auf Klassiker des Great American Songbook meldet sich die große Sängerin zurück. Stimmlich präsent nimmt sie uns mit auf die Reise. Die allerdings nicht allzu lange glücklich verläuft. Die CD wird ab der Mitte belanglos. Annie Lennox schafft es nicht, den großen Songs neue oder zumindest eine andere Strahlkraft zu geben. Überhaupt scheint der Mut zu Neuem manchem abhanden gekommen zu sein (nicht nur Künstlern, auch Untenehmern - aber das sei nur am Rande erwähnt). 

Gerade deswegen sind Namen wie Xavier Rudd, Jonathan Wilson oder auch Damien Rice immer für eine Überraschung gut. Man muss deren Musik nicht mögen, aber sie schaffen einen Kosmos, gehen ihren ganz eigenen Weg. Der hat natürlich Höhen und Tiefen - wie bei Damien Rice. Nach dem wirklich fantastischen Konzeptalbum "O" folgte "Nine". Ein Reinfall. Mit "My Favourite Faded Fantasy" geht er den Weg von "O" weiter - er trauert noch immer seiner großen Liebe nach. Und diesen Schmerz lebt er aus - in voller Pracht. Das muss einem nicht gefallen, aber die Songs sind - wie sagte es Todde bei Bongartz in Erlangen: großes Kino. Es ist das Gefühl, welches die Songs vom ersten bis zum letzten Ton stark macht. Durchkomponiert, durchdacht, stimmig. Das hat mich versöhnt mit den beiden Tribute-to-Alben - zum Glück. Und ich habe ja noch Nina Simone im "Original" auf einer wunderbaren Compilation von Verve-Jazzclub: "My Baby just cares for me". Danke.