Hören & Zuhören

Der Blog von zuhoeren dreht sich um alles, was mit Hören zu tun hat. Musik, Geräusche, Meinungen, Töne, Positionen ... Nur selten um Werbung und Marketing. Die andere Seite von zuhoeren und ganz im Sinne von Immanuel Kant:

„Nichtsehen trennt den Menschen von den Dingen,
Nichthören trennt den Menschen vom Menschen.“



Sonntag, 10. Februar 2013

Da war noch was ...

DIE ZEIT ist eine wunderbare Wochenzeitung: die Qualität des Journalismus, der Aufwand, der für einzelne Artikel betrieben wird, die Vielfalt der Themen, die aufbereiteten Daten, Fakten, Hintergründe. Man kann den Menschen, die hinter der Zeitung DIE ZEIT stehen, nur danken. Denjenigen, die sich um die Finanzierung kümmern, denjenigen, die schreiben, Termine vereinbaren, drucken, gestalten, für gute Stimmung sorgen ... Ein Dinosaurier in unserer Zeiten? Bald nur noch eine schöne Erinnerung? Wie Spiegel, SZ, Handelsblatt und andere? Denn es gilt auch hier: Mit den neuen Medien, der Digitalisierung der Inhalte, schaffen sie sich selber ab. Das Dilemma von Verfügbarkeit und Multiplizierung.

Beispiel Film: Brauchen wir in Zukunft noch Schauspieler? Oder reicht nicht die Vorlage, die Vorstellung. Danach zählen nur noch Rechnerkraft und Heere von Zeichnern (oder Computern, die zeichnen können). Und Gegenstände? Drucken wir in naher Zukunft selbst mit dem 3D-Drucker, verändern, modifizieren. Wenn uns eine Tasse gefällt, drucken wir sie einfach nach und stellen sie in unser Regal. Die Wirklichkeit verschwimmt, was ist originär, was ist Vorstellung? Natürlich geht das nur solange gut, solange es Menschen gibt, die etwas zur Verfügung stellen: eine Idee, eine Wirklichkeit, ein Gegenstand. Diese können wir nehmen, 1:1 oder modifiziert für uns transformieren. Jeder hat seine Wirklichkeit, die er sich selbst erschaffen kann, Allgemeingültigkeit gibt es nicht mehr - und damit auch keinen gemeinsamen Nenner, sondern nur noch Vielfalt. Lebensgemeinschaften, wie wir sie kennen, werden überflüssig - wir leben in vielen Gemeinschaften und bleiben dabei allein, schicken unsere Avatare zum Abendevent, in die Arbeit, zum Sport .... in das Außen, in eine der vielen Welten.

Diese Aufsplitterung, die Fragmentierung, kennen wir schon und erleben sie in der Vielfalt der Kommunikationswege. Es gibt nicht mehr nur einen Kanal - und alle müssen nicht nur bedient werden, sondern in allen, so glauben wir, müssen wir uns aufhalten, um an allen Gruppen teilzunehmen, am Geschehen teilhaben zu können. Wo ist der gemeinsame Nenner? Der Kindergarten, die Schule, der Verein? Und danach? Der Arbeitgeber? Aber was passiert, wenn diese Institutionen wegfallen, weil die Menschen nicht mehr gemeinsam in einem Raum, sondern zu Hause am PC arbeiten, sich virtuell vernetzen, in Foren und Usergruppen, als Original oder Kopie. Multitasking, vielleicht Multileveling, in Reinkultur. Jeder arbeitet für jeden und alles, die Unterschiede verschwimmen, allen gehört alles. Das birgt viele Chancen. Die, der klassenlosen Gesellschaft, der Teilhabe von allen an allem etwa, der kontinuierlichen Entwicklung zum Wohle aller - wenn die Zugänge stimmen, also jeder die Voraussetzungen hat ... Es birgt aber auch viele Risiken: die der Bedeutungslosigkeit, alles wird austauschbar, nivelliert sich im Ansatz. Wer sagt was? Wo ist der Ursprung? Warum sollten man noch in eine Idee, einen Film etwa, 200 Millionen Euro investieren? Muss man das überhaupt noch, gibt es überhaupt noch eine Währung, oder ist der Zusammenschluss vieler für eine Idee, das gemeinsame Arbeiten und Realisieren die Währung der Zukunft? Man arbeitet nicht mehr fremdbestimmt für den Profit, sondern für eine Idee, für Lebensbedingungen, die uns allen gut tun, jeder wie er kann und will. Utopia lässt grüßen - und hoffen. Denn es steckt viel Potential in diesen Bewegungen.

Wer soweit denkt und dieses am Ende will, für den ist natürlich das Urheberrecht nichts, wie für Google (allerdings aus einem anderen Antrieb). "Man braucht kein Urheberrecht. ... Es existiere ja auch kein Urheberrecht für Witze oder Kochrezepte. ... Außerdem gebe es eine Studie, wonach ohnehin kaum ein Künstler von seiner Kunst leben könne. Trotzdem werde weiterhin Kunst produziert. Warum muss man Künstler also schützen? Warum ist es schlimm, ihre Produkte zu kopieren?" Das sagt, so DIE ZEIT in ihrer Ausgabe vom 7. Februar diesen Jahres, die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann. Sie ist Mitglied der Enquette-Kommission des Deutschen Bundestages "Internet und digitale Gesellschaft" und besetzt einen der vier Direktorenposten des neu gegründeten Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Dieses wird mit 4,5 Millionen Euro für die ersten drei Jahre von Google finanziert. Schöne neue Welt - aber hier wird die Digitalisierung auch Google irgendwann zum Verhängnis werden. Noch versucht der Konzern sein Geschäftsmodell zu schützen, Nachahmer aufzukaufen, zu erdrücken, mit aller Macht auszuschalten. Dank des kapitalen Wertes des Unternehmens. Aber wenn wir uns alle zusammenschließen und vernetzt sind, brauchen wir Google nicht mehr, denn dann werden Fragen über eine virtuelle Suchmaschine, die alle Gedanken, Ideen und Ergebnisse aller dauernd und kontinuierlich einbindet, Google ersetzen. Dann sind wir die große Suchmaschine, geben in die Quelle unser Wissen und schöpfen daraus.

Google 4.0 gehört uns allen, wie uns allen eigentlich alles gehört - der Boden auf dem wir leben, die Vorräte, von denen wir uns nähren, die Sonne, die uns wärmt ... Die Erde ist unsere Quelle. Nehmen wir dies ernst und sind wir auf ein Gleichgewicht aus, müssten wir uns an dem Prinzip "Wir leben von einer Quelle und geben in eine Quelle" ausrichten. Der Gedanke ist nicht neu, wird in vielen Religionen, Glaubensgemeinschaften und Gesellschaften postuliert, aber nicht gelebt. Dabei bietet die digitale Entwicklung beste Chancen eine Gesellschaft zu formen, in der alle leben können, gleich welcher Herkunft, die nicht auf Profit aus ist, deren Vermögen der "Geist" ist, welchen die Menschen füreinander und für dauerhaft positive und nachhaltig gute Lebensbedingungen einsetzen. Wir sind auf dem Weg.