Hören & Zuhören

Der Blog von zuhoeren dreht sich um alles, was mit Hören zu tun hat. Musik, Geräusche, Meinungen, Töne, Positionen ... Nur selten um Werbung und Marketing. Die andere Seite von zuhoeren und ganz im Sinne von Immanuel Kant:

„Nichtsehen trennt den Menschen von den Dingen,
Nichthören trennt den Menschen vom Menschen.“



Samstag, 30. Juni 2012

Verantwortung tragen, sich bekennen, dafür einstehen

Gerade sind es 2.102.254.524.430 € (2102 Milliarden) Schulden in Deutschland - das zeigt zumindest die Schuldenuhr an. Frau Merkel, Herr Schäuble und alle anderen diskutieren, haben Pläne, ziehen sich die Hosen hoch und die Jacken glatt. Im Grunde, so meine Vermutung, stört es sie nicht - solange sie nicht gestört werden und ihre Bezüge bekommen. Wahrscheinlich können sie die Dimension ihres Tuns auch gar nicht begreifen. Ich will nicht den Vergleich zum normalen Unternehmer oder zur normalen Familie bemühen. Diese wären bereits insolvent und im Glücksfall bei einer Schuldnerberatung, der Unternehmer (oder die Unternehmerin) wg. Konkursverschleppung im Knast.

Warum gibt ein Staat mehr aus als er hat? Warum darf er das? Und warum auf Kosten der Steuerzahler? Was ist Haushaltsdisziplin? Und ist es schon ein Erfolg, wenn Herr Schäuble 2015/2016 keine Schulden mehr aufnehmen will? Nein, das ist Augenwischerei - denn die Schulden steigen sekündlich (siehe Schuldenuhr). Und die Rückführung der Schulden ist eine Utopie. Irgendwann kommt es zum Schnitt - denn das scheint bei den Summen unausweichlich. Ein Staat kann sich das leisten - er hat ja mit seinen Einwohnern viele Schultern, die Lasten tragen können. Das ist auch das Problem. Unsere Politiker erleben nur sehr indirekt die Auswirkungen ihres Tuns. Das ist manchmal von Vorteil, um auch unangenehme Entscheidungen durchzusetzen, aber in der Regel macht es blind. Denn der Einzelne (der Verantwortliche) trägt keine Verantwortung mehr bzw. kann nicht zur Verantwortung gezogen werden - zu viele Bedürfnisse, zu viele Bedingungen, zu viele Fluchtmöglichkeiten. 

Man stelle sich nur mal vor (siehe Griechenland), die Beamten und Staatsbediensteten wären Angestellte in einem Unternehmen. Das Unternehmen würde schlecht haushalten, zu spät auf Marktanforderungen reagieren oder einfach nur miserabel geführt werden. Dann kämen schnell die Banken und Gläubiger und würden den Hahn zudrehen - aus, vorbei. Gehälter gäbe es keine mehr (außer vom Arbeitsamt und später vom Sozialamt), die Angestellten müssten Umschulungsmaßnahmen absolvieren oder stünden auf der Straße (wie die Mitarbeiterinnen von Schlecker). Und der Minister? Tritt zurück, wird abgewählt, taucht ab und lebt fröhlich weiter. Also was machen? Nicht mehr ausgeben als man hat (und nicht eventuell einnimmt). Natürlich muss man ab und an auch in Vorleistung gehen, aber nicht andauernd. Wir Steuerzahler (Privatpersonen, Institutionen, Unternehmen) geben dem Staat und seinen Akteuren Geld zu treuen Händen, für Aufgaben, die er erledigen soll und muss. Aufgaben, die der Einzelne nicht leisten kann und die gemeinschaftlich sind. Der Staat ist Verwalter dieses Vermögens. Jedes Jahr bekommt er viel Geld. Hier eine Liste aus Wikipedia:

Jahr  Mio Euro
1950 10.783
1952 16.992
1962 44.166
1972 100.726
1982 193.627
1987 239.622
1992 374.128
1997 407.577
2002 441.705
2003 442.238
2004 442.838
2005 452.079
2006 488.444
2007 538.243
2008 561.182
2009 524.001
2010 529.296
2011 554.965

Ein hübsches Sümmchen, insofern ist Deutschland reich. Allerdings, das sieht man auch recht deutlich, reicht das nie aus, um die Schulden zu begleichen. Und der Ausweg aus diesem Dilemma? Antworten gibt es nicht wirklich (das Ausmaß ist unvorstellbar und angesichts der Höhe der Schulden haben die Politiker allesamt bereits aufgegeben, zeigen es nur noch nicht). In diesem Kontext ist es gut, dass die Eurokrise unsere eigene Krise zur Zeit (noch) überdeckt. Ähnlich wie bei der Fußball-EM. Solange die anderen weniger Tore schießen oder schlechter spielen, werden eklatante Schwächen gerne übersehen - bis eine Mannschaft wie Italien kommt und die Schwächen gnadenlos aufdeckt. Noch sind wir die Starken im Verbund der Schwächeren (wenn das überhaupt stimmt und nicht nur eine einseitige Sichtweise ist) - frei nach dem Motto: Unter den Blinden ist der Einäugige der König.

Ich wünschte mir: inne halten, ein Blick zurück, sorgsames Abwägen, mehr Achtsamkeit und Achtung, bewusstes Auseinandersetzen, Miteinander und Annehmen der Verantwortung in allem was wir tun. Das betrifft uns alle - jeden Einzelnen. Und trifft auf alle Dinge und Handlungen zu - im Alltag, selbst im Banalen gilt es Achtung zu üben. Denn erst wenn wir auch das Kleine schätzen, können wir das Große genießen. Aber Achtung: keiner ist frei von Fehlern. Das Eingeständnis der Fehler und das Zugeben allerdings macht uns reif und menschlich. Doch machen wir uns nichts vor: mit diesen Eigenschaften können wir der Krise zwar begegnen (vielleicht wären wir nie dahin gekommen), aber lösen werden wir sie nicht - da hilft wahrscheinlich nur der Schnitt und Neuanfang. Alles auf Start. Viel Spaß.